volksbühne - 31.03.2003 - satanstornade, whitehouse, aphex twin [laptop set]

Vor Aphex sollten im großen Haus der Volksbühne noch Satanstornade sowie Whitehouse spielen. Beim Betreten des Saales fiel mir die grosse, bis auf die DJ-Pulte ganz hinten völlig freie Bühne auf, die rundherum mit einer riesigen, vielleicht 14m hohen Stoffbahn eingeschlagen war, welche abwechselnd rot, lila & blau aufleuchtete. Gegen 21 Uhr ging es dann mit Satanstornade los. Das muss man sich in etwa folgendermaßen vorstellen, man lege für 40 min eine Software-CD in einen Audio CD-Player und variiere dieses infernalische Krachen mit leisen Walgesängen oder Sonarpiepen. Fabriziert wurde diese "Musik" von einer Asiatin und einem Europäer, die vor zwei Laptops mit drei Mäusen saßen und wie wild herumklickten. Beats fehlten, getanzt wurde demzufolge nicht. Eine gelungene Avantgarde-Publikumsverarsche.
Letzte Vorgruppe waren zwei Typen mit Sonnenbrillen, die sich Whitehouse nannten, ihr Publikum mit dumpfen Stampfbeats quälten und darüber mit fast heiseren Stimmen irgendwas mit "obvious cunt" brüllten. Der Fettere der beiden zog neben der Schreierei Grimassen und präsentierte seinen Bizeps oder tat so, als würde er seinen Bandkollegen in den Arsch ficken. Dann nahm er dieses riesenhafte Diskolicht-Blitzgerät in die Hände und hielt es sich an den Schwanz, als würde er mit seinem Licht die ganze Volksbühne vollspritzen. Die peinlichen Idioten wurden mit Plastikbechern beworfen. Bei Satanstornade & Whitehouse muss ich an dieses Märchen denken, "Des Kaisers neue Kleider".
Ja, und dann nach einer gewissen Wartezeit, die sich nur der wahrhaft große Künstler nehmen kann um die Spannung ins Unermessliche zu steigern, betrat Aphex Twin die Bühne und wurde mit frenetischem Jubel empfangen. Das Foyer leerte sich, man merkte, daß fast jeder Besucher nur seinetwegen gekommen war. Jetzt füllte sich der Bühnenraum bis zum Rand, schon beim ersten manuellen Nachregeln der Höhen und Tiefen, noch bevor überhaupt der Beat einsetzte, begannen einige zu tanzen. Aphex Twin hat sein sog. "Laptop Set" aufgelegt, mich hat er nicht überzeugt. Beispiel 54 Cymru Beats - das Lied hat sich fast genauso angehört wie auf dem Album, zwischendurch gab es noch ein kleines Samplegeräusch mehr, da endete die Variation. Leider hat er nur seinen neuen Style aufgelegt, eben ganz harten D&B, die mehr relaxten, kompositionell interessanten Stücke vom Richard D. James-Album habe ich vermisst. Trotzdem war seine Darbietung beeindruckend. Er gab auch noch zwei Zugaben. Am Ende lagen einige Herrschaften knutschend auf der Bühne oder zogen ihre Schuhe aus, voll Party.
Es war mit Abstand das lauteste Konzert, auf dem ich bisher war, selbst Hanin Elias (Frontfrau von Atari Teenage Riot) wurde überboten. Ein paar ganz Harte ("Öhh, Ohropax, für Mädchen") formten plötzlich aus Taschentuchzipfeln kleine Kügelchen oder versuchten auf andere Weise, ihre Ohren zu schützen. Trotz Ohropax hatte ich auf dem Nachhauseweg noch ein ordentliches Brummen in den Ohren, die Bässe waren wirklich mörderisch. Echt Terror.

moritz