Vor Aphex sollten
im großen Haus der Volksbühne noch Satanstornade sowie
Whitehouse spielen. Beim Betreten des Saales fiel mir die grosse,
bis auf die DJ-Pulte ganz hinten völlig freie Bühne auf, die
rundherum mit einer riesigen, vielleicht 14m hohen Stoffbahn eingeschlagen
war, welche abwechselnd rot, lila & blau aufleuchtete. Gegen 21
Uhr ging es dann mit Satanstornade los. Das muss man sich in
etwa folgendermaßen vorstellen, man lege für 40 min eine
Software-CD in einen Audio CD-Player und variiere dieses infernalische
Krachen mit leisen Walgesängen oder Sonarpiepen. Fabriziert wurde
diese "Musik" von einer Asiatin und einem Europäer, die
vor zwei Laptops mit drei Mäusen saßen und wie wild herumklickten.
Beats fehlten, getanzt wurde demzufolge nicht. Eine gelungene Avantgarde-Publikumsverarsche.
Letzte Vorgruppe waren zwei Typen mit Sonnenbrillen, die sich Whitehouse
nannten, ihr Publikum mit dumpfen Stampfbeats quälten und darüber
mit fast heiseren Stimmen irgendwas mit "obvious cunt" brüllten.
Der Fettere der beiden zog neben der Schreierei Grimassen und präsentierte
seinen Bizeps oder tat so, als würde er seinen Bandkollegen in
den Arsch ficken. Dann nahm er dieses riesenhafte Diskolicht-Blitzgerät
in die Hände und hielt es sich an den Schwanz, als würde er
mit seinem Licht die ganze Volksbühne vollspritzen. Die peinlichen
Idioten wurden mit Plastikbechern beworfen. Bei Satanstornade &
Whitehouse muss ich an dieses Märchen denken, "Des Kaisers
neue Kleider".
Ja, und dann nach einer gewissen Wartezeit, die sich nur der wahrhaft
große Künstler nehmen kann um die Spannung ins Unermessliche
zu steigern, betrat Aphex Twin die Bühne und wurde mit frenetischem
Jubel empfangen. Das Foyer leerte sich, man merkte, daß fast jeder
Besucher nur seinetwegen gekommen war. Jetzt füllte sich der Bühnenraum
bis zum Rand, schon beim ersten manuellen Nachregeln der Höhen
und Tiefen, noch bevor überhaupt der Beat einsetzte, begannen einige
zu tanzen. Aphex Twin hat sein sog. "Laptop Set" aufgelegt,
mich hat er nicht überzeugt. Beispiel 54 Cymru Beats - das
Lied hat sich fast genauso angehört wie auf dem Album, zwischendurch
gab es noch ein kleines Samplegeräusch mehr, da endete die Variation.
Leider hat er nur seinen neuen Style aufgelegt, eben ganz harten D&B,
die mehr relaxten, kompositionell interessanten Stücke vom Richard
D. James-Album habe ich vermisst. Trotzdem war seine Darbietung
beeindruckend. Er gab auch noch zwei Zugaben. Am Ende lagen einige Herrschaften
knutschend auf der Bühne oder zogen ihre Schuhe aus, voll Party.
Es war mit Abstand das lauteste Konzert, auf dem ich bisher war, selbst
Hanin Elias (Frontfrau von Atari Teenage Riot) wurde überboten.
Ein paar ganz Harte ("Öhh, Ohropax, für Mädchen")
formten plötzlich aus Taschentuchzipfeln kleine Kügelchen
oder versuchten auf andere Weise, ihre Ohren zu schützen. Trotz
Ohropax hatte ich auf dem Nachhauseweg noch ein ordentliches Brummen
in den Ohren, die Bässe waren wirklich mörderisch. Echt Terror.
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