Four Tet - "Everything ecstatic" (Domino, 2005)
Ich erinnere mich noch gut an den virtuellen Luftsprung, den ich in meinem Kopf vollführte als ich vor ein paar Wochen las, dass es eine neue Four Tet geben würde. Was hätte ich eigentlich im 03-Sommer ohne das fulminante Rounds gemacht, mit seiner Mischung aus Elektro, Folk, Indie und Hip Hop? Und nun die vierte Platte von Kieran Hebden. Nach dem verschroben-schrägen Dialogue, dem verspielt-schrägen Pause und eben Rounds nun Everything ecstatic.
Irgendwie ist die Entwicklung weitergelaufen, hat sich der charmante Schotte geschickt der Gefahr der Wiederholung entzogen, eine weitere Rounds zu basteln. Das Klangbild ist offensiver geworden, direkter und auch etwas dunkler. Sag hallo zu mehr Hip Hop Beats, schrägem Getakte frei nach Autechre und dann immer noch und wieder folkige Momente, die manchmal in Richtung Krautrock oder Jazz verzweigen. Im Opener A joy knarren fiese Basssounds während der Beat nervös herumspringt, bis sich dann eine Melodie hereinschält, die "Ja, das ist immer noch Four Tet" zu flüstern scheint. Smile around the face ist experimenteller Hip Hop in höchster Höhe, Scott Herren von Prefuse und Kieran Hebden dürften sich prima verstehen. Und dazu immer wieder, und exemplarisch in High fives und And then patterns hypnotische Schleifen, Vibraphon und gezupfte Gitarre zu schleichenden Beats. Bleeps und Clonx, Rauschen, Knistern und das Vinylgeräusch. Im richtigen Moment den Bassdrumschlag eben nicht auf die gerade Zählzeit setzen. Die Umsetzung einer nächtlichen Großstadt in Musik in Turtle turtle up und C64-Spielmusik in Sleep, eat food, have visions, aus der heraus sich plötzlich die Beats überschneiden, -holen und den Haufen rennen, bis die Orientierung völlig dahin ist. Nur um dann von allen Seiten langsam zurückschlendernd in You were there with me sich wieder zusammenzufinden und den Hörer vereinnahmt zu entlassen.
Zu Anfang etwas verwirrend, mit der Zeit immer mehr mitnehmend und beim Hören wachsend, auch wenn ich diese Floskel eigentlich nicht mehr verwenden wollte. Schöner Nachfolger einer wunderbaren, ähem, "Band" zu einem großartigen Vorgänger, dessen Messlatte knapp verfehlt wird. Aber ich rede ja immer noch über ganz weit oben.
johannes