udo kier - 15.10.2004 - akademie der künste

Er ist das Gesicht von Dracula und Frankenstein. In über 160 Filmen (Armageddon, My Own Private Idaho, Breaking the Waves, ...) spielte er den Bösewicht. Vergangenen Freitag jedoch hatte Udo Kier etwas zu lachen: Er wurde 60, und die Akademie der Künste veranstaltete eine Feier für ihn. Es wurden Ausschnitte aus seinen berühmtesten Filmen gezeigt. Udo Kier gab eine kleine Einleitung und erklärte aufgedreht, erst seinen 101. Geburtstag wieder feiern zu wollen - im Rollstuhl. Und: "Ich trinke schon seit Tagen. Weiss aber trotzdem, wo ich bin."
Die danach geplante Podiumsdiskussion zum Thema "Warum ist das Böse schön?" fiel aufgrund der Fröhlichkeit des Geburtstagskinds jedoch weitgehend flach. Udo Kier, leicht angeheitert, sang sich selber ein Ständchen, verlas wiederholt das Grußwort Klaus Wowereits, imitierte Handy-Klingeltöne - und verlangte nach noch mehr Weißwein. Das Publikum hing an seinen Lippen und war beeindruckt: "Da gehört schon was dazu, sich volltrunken aufs Podium zu setzen. Stark!" Versuche des hochkarätig besetzten Podiums, doch noch eine Diskussion anzufachen, waren zum Scheitern verurteilt. Kier plauderte lieber aus dem Nähkästchen: wie er im Bombenhagel geboren wurde, dass seine Mutter Donnerstags immer Bohnensuppe kochte und dass er als junger Mann verdammt gut aussah (zustimmendes Johlen im Pulikum). Sogar Theater-Schocker Schlingensief blieb angesichts Kiers Redeschwalls die Spucke weg. Udo Kier verkörpert in Hollywoods Filmen virtuos das Böse, aber im wirklichen Leben und betrunken ist er nett und - harmlos.

malte