Er ist das Gesicht von Dracula und Frankenstein. In über 160
Filmen (Armageddon, My Own Private Idaho, Breaking
the Waves, ...) spielte er den Bösewicht. Vergangenen Freitag
jedoch hatte Udo Kier etwas zu lachen: Er wurde 60,
und die Akademie der Künste veranstaltete eine Feier für ihn.
Es wurden Ausschnitte aus seinen berühmtesten Filmen gezeigt. Udo
Kier gab eine kleine Einleitung und erklärte aufgedreht, erst seinen
101. Geburtstag wieder feiern zu wollen - im Rollstuhl. Und: "Ich
trinke schon seit Tagen. Weiss aber trotzdem, wo ich bin."
Die danach geplante Podiumsdiskussion zum Thema "Warum ist das
Böse schön?" fiel aufgrund der Fröhlichkeit des
Geburtstagskinds jedoch weitgehend flach. Udo Kier, leicht angeheitert,
sang sich selber ein Ständchen, verlas wiederholt das Grußwort
Klaus Wowereits, imitierte Handy-Klingeltöne - und verlangte nach
noch mehr Weißwein. Das Publikum hing an seinen Lippen und war
beeindruckt: "Da gehört schon was dazu, sich volltrunken aufs
Podium zu setzen. Stark!" Versuche des hochkarätig besetzten
Podiums, doch noch eine Diskussion anzufachen, waren zum Scheitern verurteilt.
Kier plauderte lieber aus dem Nähkästchen: wie er im Bombenhagel
geboren wurde, dass seine Mutter Donnerstags immer Bohnensuppe kochte
und dass er als junger Mann verdammt gut aussah (zustimmendes Johlen
im Pulikum). Sogar Theater-Schocker Schlingensief blieb angesichts Kiers
Redeschwalls die Spucke weg. Udo Kier verkörpert in Hollywoods
Filmen virtuos das Böse, aber im wirklichen Leben und betrunken
ist er nett und - harmlos.
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