Autechre - "Untilted" (Warp, 2005)
Sean Booth und Rob Brown sind wieder da, die Pioniere experimenteller elektronischer Musik. Und hauen auf ihrer mittlerweile achten Platte auf Warp acht Lieder runter, die einem durchs Gehirn bretzeln, den Fußboden unter den Füßen wegreißen und die Aufmerksamkeit fordern, die sie einfach mal auch verdienen.
Unschräg, so die Bedeutung des Titels, und in der Tat wirkt die Platte in manchen Momenten tatsächlich so etwas in der Art wie tonal oder melodisch, aber das ist ja auch alles relativ. Kollabierende Strukturen und Wellenabsonderlichkeiten, die bestechen. Vertracktes Gebastel auf einem Niveau, das einem schwindelig wird und man unvermittelt nach Atem schnappt. Und dann blitzen zwischen Knistern, Knacken, Klopfen und unglaublich vielen anderen Sachen, die sich bestenfalls lautmalerisch umschreiben ließen, immer wieder kleine Versatzstücke hervor, die geradeaus laufen, aber dann springt ein Störgeräusch um die Ecke und haut einen aus den Pedalen. Ich bin tief beeindruckt.
Eine direkte Platte, fast roh, funktional. Vereinnahmend und mitreißend. Und auch wenn das Metrum mitunter zu erkennen ist und die Takte nicht mehr durchgehend unterschiedliche Längen haben, so sind Autechre immer noch die Großmeister des verqueren Knispel-Knaspel-Elektro, die einem irgendwie außenrum das Nicken in den Kopf und das engagierte Stolpern in die Füße schieben. Ja, verdammt, man kann zu allem tanzen, und Takt hin, Rhythmus her, auch bzw. besonders zu Autechre.
Die Platte fordert.. Aufmerksamkeit und das Vermögen zuhören zu können, aber dann ergreift sie dich auch. Elektronik in Reinstform, digitaler Jazz, Dodekaphonie im 21. Jahrhundert. Weltklasse.
johannes